Michael Wickert – Fischereiwissenschaftler und Räucherexperte
„Viele Uckermärker:innen bewahren und pflegen noch echte Schätze neben dem Alltag: Imkerei, Hühnerhaltung, Jagd, Pilzzucht, und Gemüseanbau. Hier haben viele solcher Dinge überlebt und man bekommt in der Nachbarschaft viele Leckereien zum Kauf oder Tausch.“
B ei Michael Wickert dreht sich seit Kindertagen alles um den Fisch. In der Kreuzberger Markthalle Neun zählte er mit seiner Räucherei “Glut und Späne” zur Gründer-Generation und trug wesentlich zum aufkommenden Erfolg bei. Nach einigen Jahren zog es ihn aus der Stadt raus aufs Land – genauer gesagt nach Gerswalde in der Uckermark. Im Gepäck seine Fischräucherei und jede Menge Herz und gute Ideen. Neben dem rohen Handwerk besitzt Michael Wickert auch umfangreiches Wissen zum Thema Fisch und Nachhaltigkeit, weshalb er zusätzlich Unternehmen aus der Fisch- und Gastrobranche berät. Wir haben uns mit ihm über seinen Werdegang, die Vorteile eines Dorfes gegenüber der Großstadt und seine Zukunftspläne unterhalten.
– Interview –
Quereinsteiger, oder Mann vom Fach? Gib uns doch bitte einen Einblick in deinen beruflichen Werdegang und wie du zur Räucherei kamst.
Ich habe mit 6 Jahren zum ersten Mal geangelt, bin dabei geblieben und habe nach einem agrarwissenschaftlichen Abitur “Fishery Sciences & Aquaculture (M.Sc)” studiert. Während des Studiums habe ich zusammen mit Kommiliton:innen im Innenhof der Universität in Berlin-Mitte Räucheröfen gebaut und das Sommerfest der Fakultät verköstigt. Und meine Praktika in der Schweiz, in Australien, im Schwarzwald und in Brasilien hatten alle mehr oder weniger mit Fisch zu tun. Nach dem Studium habe ich erst einmal eine Forellenfarm in Frankreich geleitet und hatte dort die Idee einer Räucherei mitten in Berlin – so kam es dann zum Standort Markthalle Neun und schließlich zur Uckermark. Ich bin also ein echter Räucher- und Fischnerd.
Als gebürtige Berliner kennen wir dich bereits aus der bekannten Markthalle IX. Was verschlug dich letztendlich aus dem turbulenten Kreuzberg in die kleine Gemeinde Gerswalde und was änderte sich dadurch für dich?
Mein Konzept war immer viel Markt und wenig Gastro – mit dem Streetfood Markt und der Neuausrichtung der Halle auf mehr Gastronomie wurde mein Personalbedarf vervierfacht und ich saß mehr und mehr im Büro. Ein kleiner Teufelskreis für meine Idee. Zudem wollte ich nicht mehr, dass der Fisch zu mir vom Land in die Stadt kommt – daher bin ich zum Fisch und den Seen & Teichen aufs Land raus gezogen.
Was hat die Uckermark der Großstadt voraus – vor allem in Bezug auf Nachhaltigkeit und bewusster Ernährung, nach der hier gerade alles schreit?
Die Wege sind einfach noch kürzer und viele Uckermärker:innen bewahren und pflegen noch echte Schätze neben dem Alltag: Imkerei, Hühnerhaltung, Jagd, Pilzzucht, und Gemüseanbau. Das sind Dinge die selbst in meinem Heimatdorf am Bodensee schon mehr und mehr in Vergessenheit geraten sind.
Hier haben viele solcher Dinge überlebt und man bekommt in der Nachbarschaft viele Leckereien zum Kauf oder Tausch. Und genau diese Sachen sind ja gerade auch in der Stadt im Trend wie zum Beispiel Imkern in der Stadt. Ein tolles Signal. Und die Stadt braucht das Land und das Land die Stadt – das war schon immer so und wird auch immer so bleiben denke ich.
Als jemand, für den Natur eine große Rolle spielt – an welchem Ort in Berlin fandest du die nötige Ruhe und wilde Idylle?
Berlin ist eine extrem grüne Stadt und es fiel mir leicht per Rad tolle Plätze zu entdecken. An meinen beiden Forschungsstationen zu Studienzeiten wie dem Müggelsee bei Friedrichshagen oder dem Sacrower See bei Potsdam knapp an der Landesgrenze kam ich immer schnell zur Ruhe. Sobald Wasser in der Nähe ist kann ich entspannen, das funktioniert selbst heute noch am quirligen Holzmarkt oder an der Oberbaumbrücke.
“Die Uckermark ist wunderschön, aber mein Konzept dort ist aufgrund der andauernden Trockenheit und steigenden Wassertemperaturen doch endlich.”
Meeresangeln auf Dorade, oder mit der Stippe auf einem Holzsteg auf Weißfisch?
Alles – Hauptsache angeln. Ich besitze fast für jede Fischart und Methode eine spezielle Angel und verbringe gerne viel Zeit am Wasser. Im Moment gelingt mir das aber selten da Hauptsaison ist und ich viel Zeit in der Räucherei bringe. Aber wenn ich wählen könnte würde ich jetzt gerne an einem kleinen Teich hier in der Nähe auf Schleie angeln mit einem Maiskorn an der Schilfkante.
Welche Pläne hast du für die Zukunft geschmiedet? Gibt es neue Projekte die dich reizen?
Unbedingt. Aktuell arbeite ich an einem umfangreichen Fischräucherbuch in Zusammenarbeit mit dem Ulmer Verlag. Ich wurde letztes Jahr angefragt und habe sofort zugesagt um endlich mein Wissen aufs Papier zu bringen. Zudem Träume ich immer noch davon mich mit meiner Räucherei im Huckepack nahe einer wasserreichen Mittelgebirgsregion niederzulassen – die dort lebenden Quellwasserforellen lassen mich einfach nicht mehr los. Die Uckermark ist wunderschön aber mein Konzept dort ist aufgrund der andauernden Trockenheit und steigenden Wassertemperaturen doch endlich, wie ich jetzt im dritten Dürresommer in Folge feststellen muss. Außerdem spüre ich mehr und mehr Interesse an meinem Fachwissen von Gastronomen:innen und Lebensmittelbetrieben. Zusammen mit dem Seefischexperten und Händler Sebastian Baier aus Hamburg habe ich eine Fischberatunsgfirma gegründet. Wir möchten als die “Good Fish Guys” unsere Erfahrungen weitergeben und sind schon gut gebucht – eine Entwicklung die mich sehr freut
Frisch geräucherter Fisch nach einem langen Tag in der Natur – uns fällt gerade nichts schöneres ein! Nenne uns und den Lesern abschließend doch bitte einen Ausflugstipp zu einem sehenswerten Naturparadies in der Uckermark.
Einer meiner neuen Lieblingsorte nebst Gerswalde ist gerade Lychen – eine kleine und grüne Stadt inmitten von Seen wo man wunderbar Floßfahren oder paddeln kann, in kleinen Remisen oder am Campingplatz unterkommt und im Mühlencafé oder in der Kunstpause gut verköstigt wird. Ganz in der Nähe ist auch das Naturparadies Kolbatzer Mühle – ein Ort für Abenteuerlustige mit wildem Charme und viel Platz. Mehr Uckermark geht nicht und unsere Forellen gibts ja auch zum Mitnehmen. Weitere Tipps für schöne Ort und Unterkünfte in und um Gerswalde gibt es auf meiner Webseite unter “Betten & Tipps”.
Fotos: Sascha Radke/Eventpress
Wir bedanken uns vielmals bei Michael Wickert für das informative Gespräch und wünschen weiterhin alles Gute für die Zukunft!
Ein Gedanke zu „Michael Wickert – Fischereiwissenschaftler und Räucherexperte | Interview“
ASTRID Schmoock
Micha ist eine echte Bereicherung für Gerswalde.Nicht nur sein leckeren Fisch mögen wirn,sondern auch als Mensch,wir werden ihn vermissen. Was Gerswalde noch braucht sind Menschen die das Dorfleben mögen und sich einbringen z.b in der einfachen Gastronomie aber mit Herzblut
Micha ist eine echte
Bereicherung für Gerswalde.Nicht nur sein leckeren Fisch mögen wirn,sondern auch als Mensch,wir werden ihn vermissen.
Was Gerswalde noch braucht sind Menschen die das Dorfleben mögen und sich einbringen z.b in der einfachen Gastronomie aber mit Herzblut