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Interview

Klemens Wannenmacher –
Natur-Coach aus Berlin

„Ich lade die Natur also als Spiegel für die Coachingfragen der Klienten ein und biete die Eindrücke unterwegs als Hinweise für mögliche Lösungen an. Die Natur unterstützt wie eine Art Co-Coach, macht Einsichten direkt erlebbar und schafft dadurch Klarheit.“

Kontakt

Klemens Wannenmacher
Natur Coaching Berlin
www.naturcoaching-berlin.de
wannenmacher@naturcoachingberlin.de

Was will ich wirklich? Wie geht es weiter? Welchen Weg soll ich einschlagen? Die heutige Zeit ist schneller denn je – für einige zu schnell. Klemens Wannenmacher – zertifizierter Senior-Coach, Trainer und psychotherapeutischer Heilpraktiker – ist seit über 10 Jahren als Naturcoach tätig. Beim Naturcoaching schafft er es, Menschen in und mit der Natur bei ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu unterstützen. Die Berliner Stadtnatur wird zu seinem Co-Coach und hilft zu entschleunigen, andere Eindrücke wahrzunehmen sowie neue Perspektiven und alternative Möglichkeiten aufzuzeigen.

– Interview –

Brauchen Sie eigentlich blauen Himmel und Sonnenschein, oder funktioniert Ihr Coaching auch an einem bitterkalten Wintertag? Welchen Einfluss hat das Wetter auf Ihre Arbeit?
Das Coaching in der Natur geht immer, der Einfluss des Wetters hilft auf jeden Fall dabei unsere Sinne zu schärfen. Und Wind, Regen oder Hagel können ja z.B. den Unbill des Lebens widerspiegeln und uns fragen lassen: „Was hagelt gerade in mein Leben rein?“ oder „Aus welcher Komfortzone holt mich diese kühle Brise?“ Eine meiner intensivsten und besten Naturcoaching-Erfahrungen habe ich gerade in den Niederlanden erlebt: ein 3-Tages-Workshop im Sommer bei strömendem Regen. Wie heißt es noch: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung.“
Woher stammt Ihr Bezug zur Natur und wie nutzen Sie diesen für Ihr eigenes Wohlbefinden?
Am Waldrand wohnend, spazierte ich als Jugendlicher täglich lange Stunden mit unserem Hund durch Wiesen und Wälder. Das hat mich nach der Schule entspannt und viel Freude gemacht. Heute weiß ich, dass es das Stresshormon Cortisol senkte und den Dopaminspiegel angehoben hat. Nach langen Jahren in Theaterräumen und in der Kulturarbeit habe ich die Bewegung in der Natur wiederentdeckt und seit 2008 mehr und mehr in mein Coaching integriert. Selbst profitiere ich von der Verbundenheit mit der anstrengungslosen Natur und genieße beim Gehen die sich auftuende Ruhe und Gelassenheit. Wie die Natur in Resonanz geht zu den jeweiligen Lebensthemen, das regt meine persönliche Entwicklung nach wie vor aktiv an.
Worin unterscheidet sich Ihrer Meinung nach das Coaching in einem weitläufigen Park zu dem in einem geschlossenen Raum?
Beim Coaching im Freien gehe ich ein Stück gemeinsamen Weges mit meinen Klienten. Seite an Seite an der frischen Luft, das allein tut schon gut. Der Kopf wird frei und der Abstand zum Alltagsstress gelingt schnell, der Stress, der ja meistens in geschlossenen Räumen in Meetings und an Geräten entsteht. Ein weitläufiger Park mit seinen Wegen und Durchblicken zeigt oft neue Perspektiven auf, wir gehen konkret die verschiedenen Wege entlang und der Klient erlebt dadurch alternative Möglichkeiten. Ich lade die Natur also als Spiegel für die Coachingfragen der Klienten ein und biete die Eindrücke unterwegs als Hinweise für mögliche Lösungen an. Die Natur unterstützt wie eine Art Co-Coach, macht Einsichten direkt erlebbar und schafft dadurch Klarheit.
Wo sehen Sie Ihre Fachgebiete? Bei welchen Problemen können Sie den Leuten helfen?
„Was will ich wirklich? Wie geht es weiter? Welchen Weg soll ich einschlagen?“ Kurz gesagt: Ziele,-Werte,-Visionsarbeit. Zu mir kommen vor allem Menschen, die sich beruflich verändern, ihren Job wechseln, sich neu orientieren wollen. Das geht oft mit Burnout-Erscheinungen, depressiven Verstimmungen oder starker Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation einher.

Als heilpraktischer Psychotherapeut kann ich Symptome erkennen und bei der Burnout-Prophylaxe helfen. Die Natur wirkt dabei unterstützend einfach durch ihr Dasein, das Grün hilft das Immunsystem zu stärken, die Bewegung stimuliert den Kreislauf. Meine Klienten bekommen mehr Energie für sinnvolles Tun, neue Impulse für gute Entscheidungen oder Inspiration für ihre Kreativität. Das Gute ist, die Natur fungiert als Ressource und reflektiert die Themen meiner Klienten: überall in der Natur gibt es Wachstum, Entwicklung, Veränderung. 
Was sagen Sie zu der noch immer weit verbreiteten Meinung, dass Berlin eine graue Stadt mit schlechten Lebensverhältnissen und viel zu wenig Natur ist?
Mit mehr als 40 Prozent Grünanteil im Stadtgebiet ist Berlin die wohl grünste Hauptstadt Europas. Dazu kommen die zwei Flüsse Spree und Havel, die mir mit ihrer Lebendigkeit viel Freude machen. Wenn Freunde aus dem Ausland unsere Stadt besuchen, sind sie sehr begeistert von der Offenheit und Buntheit. Berlin hat große Lebensqualität, gleichwohl ist es schwer für viele Menschen –gerade Kreative– geschäftlich einen Fuß auf den Boden zu bekommen oder die steigenden Mieten zu bezahlen. Für das innerstädtische Grün finde ich derzeit allerdings folgendes wichtig: unsere Bäume zu erhalten; die Brachen und Grünflächen nicht zubauen zu lassen und auf lange Sicht den Autoverkehr aus dem Stadtgebiet zu verbannen. Der Entscheid für das Tempelhofer Feld, wo ich gerne Nachbar bin, bleibt ein positives Fanal für das ökologische Denken eines Großteils der Berliner Bevölkerung. Ich profitiere ausgesprochen von diesem großen Klimaspeicher in Berlin und genieße die dortige Frische und Weitsicht.

“Wir sind nicht nur Teil
der Natur, wir sind Natur.”

Der österreichische Biologe Clemens Arvay erinnerte uns in seinem Buch Der Biophilia-Effekt, dass die Natur unser evolutionäres Zuhause sei. Wie stehen Sie zu Projekten wie einem Waldkindergarten, in dem Kinder bei Wind und Wetter in freier Natur sind, dem Schulunterricht im Freien oder Büroarbeit in einem Park?
Genau, Kinder sind noch näher dran an dem Zustand, den wir im Laufe des Lebens oft zu vergessen scheinen: wir sind nicht nur Teil der Natur, wir sind Natur! Wenn wir uns für einen längeren intensiven Naturaufenthalt entscheiden, so wie z.B. in einer ‚Visionssuche‘, erfahren wir am eigenen Leib mehr über unsere wahre Natur. Dann stellen sich Fragen wie: „Wenn ich Natur bin, wie gehe ich mit mir selbst um? Wie gehe ich also mit der Natur um?“ Auf diese Weise kommen wir zu einem umfassenderen ökologischen Bewusstsein. All solche Projekte, die uns dieses Bewusstsein von Kindesbeinen an –spielerisch oder wie auch immer– vermitteln, sind sehr willkommen. Zunehmend zeigen Coaches Interesse daran die Natur in ihre Arbeit einzubeziehen, daher biete ich ab nächstem Jahr eine Zusatzqualifikation in Naturcoaching an.
Auf Ihrer Website haben Sie den Punkt “Zitat der Woche”. Haben Sie spontan eins für unsere Leser parat?
Ja gern, hier eines von Henry David Thoreau: „Jage deinem Leben nach. Genieße das Land . . . Tu, was du liebst.“
Zum Schluss stellen wir unseren Interviewpartnern gerne die Frage nach Ihrem Lieblingsort in der Berliner Natur und was diesen so besonders für sie macht. Haben Sie solch einen Ort?
Ich habe drei: zurzeit ist der Glienicker Schlosspark mit seinen besonderen Ausblicken auf die Havelseen mein Lieblingsort. Ich gehe dann gerne weiter oberhalb des Wannsees in den Düppeler Forst mit seinen Kiefermischwäldern bis zum Schäferberg. Für mich weniger abgelegen bleibt das Tempelhofer Feld der Wohlfühlort schlechthin, am besten für den kurzen frühmorgendlichen oder den abendlichen Spaziergang, wenn die Sonne im Westen ‚der Savanne‘ untergeht. Am nächsten ist mir der eigene Garten, wo ich die Hände in der Erde spüren kann, das gemähte Gras rieche und das Wachstum der selbst gepflanzten Blumen und Stauden genieße.

Wir bedanken uns vielmals bei Klemens Wannenmacher für das aufschlussreiche Gespräch und wünschen weiterhin alles Gute für die Zukunft!

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